Die Rechte des Menschen sind nicht nur durch die Rechte
seines Mitmenschen begrenzt, sondern auch noch durch eine Reihe anderer Rechte.
Es gibt drei unterschiedliche Wesenheiten:
1. Das Individuum.
2. Die gegenwärtige Volksgesamtheit, also die Gesamtheit aller Glieder
eines Volkes, die in der Gegenwart leben.
3. Die Nation. Sie ist eine historische Wesenheit und lebt über viele
Jahrhunderte. Ihre Wurzeln reichen zurück in graue Vorzeit.
Der
zweite*) große Fehler der Demokratie ist, daß
sie sich aufbaut auf dem Begriff von den Rechten des einzelnen und daß
sie damit nur eine von den drei Wesenheiten anerkennt und sich nur für
sie interessiert: für den Einzelmenschen. Die zweite Wesenheit vernachlässigt
sie aber oder treibt Spott mit ihr. Und die dritte Wesenheit leugnet sie überhaupt.Alle
drei Wesenheiten haben ihre Rechte und ihre Pflichten. Sie haben das Recht zu
leben. Und sie haben die Pflicht, dafür zu sorgen, daß durch ihr
Leben das Leben der beiden anderen nicht gefährdet werde. Die Demokratie
kennt nur eines: dem einzelnen sein Lebensrecht zu sichern. Darum erleben wir
es, wie in der Demokratie ein furchtbares Niederreißen um sich greift.
Der einzelne glaubt, er könnte sich mit seinem unbegrenzten Recht über
die Lebensrechte der ganzen Volksgemeinschaft hinwegsetzen und sie mit Füßen
treten. Deshalb erleben wir in den demokratischen Staaten diese Anarchie, wo
der Einzelmensch nichts anerkennen will, was gegen seine persönlichen Interessen
geht.Die gegenwärtige Volksgesamtheit wiederum hat die ständige Neigung,
die Zukunft - also die Rechte der Nation - preiszugeben und sie der Gegenwart
zuliebe zu opfern. Deshalb die unbarmherzige Ausbeutung und Verschacherung der
Wälder, der Berge, der Petroleumquellen. Die Gegenwart vergißt, daß
nach uns noch Hunderte von Generationen kommen werden, unsere Kinder und Kindeskinder.
Auch sie wollen leben und das Leben des Volkes weiterführen.Dieses Umwerfen,
dieses Niederreißen aller Beziehungen, das die Demokratie heraufgeführt
hat, bildet eine wahre Anarchie, eine völlige Auflösung der natürlichen
Zustände in der heutigen menschlichen Gesellschaft. Die Harmonie kann nur
durch eine Rückkehr zur natürlichen Ordnung der Dinge wiederhergestellt
werden. Der Einzelmensch muß der höheren Weseneheit der Volksgemeinschaft
unterstellt werden. Diese aber muß sich der Nation unterordnen. Die Rechte
des Menschen sind nicht unbegrenzt, sie finden ihre Grenzen an den ewigen Lebensrechten
der Nation.
Nun sollte man aber glauben, daß im demokratischen Staat wenigstens der
einzelne, der mit sozialen Rechten förmlich überschüttet wird,
einfach großartig leben müsse. In Wirklichkeit zeigt sich hier die
Tragödie der Demokratie: der Einzelmensch hat überhaupt kein Recht
mehr! Wir fragen: Wo ist das Recht zu freien Zusammenkünften? Wo ist die
Freiheit der Presse? Wo ist die Gewissensfreiheit?
Der Einzelmensch lebt unter Terror, Belagerungszustand, Pressezensur! Tausende
werden verhaftet. Unzählige werden wegen ihres Glaubens abgewürgt
und hingeschlachtet. Es herrscht ein Zustand wie zur Zeit übelster Tyrannei
und Vergewaltigung der Völker.Wo ist das "Recht des souveränen
Volkes", über sein Schicksal selbst zu bestimmen, wenn man die Versammlungen
verbietet, wenn man Zehntausende von Menschen verhindert, zur Wahlurne zu gehen?
Wenn man sie überfällt, mit dem Tode bedroht, niederschlägt und
umbringt? Man wird sagen: "Ja, diese Leute wollen doch die Verfassung ändern,
sie wollen eine andere Staatsform einführen!" Da frage ich: "Vertritt
denn die Demokratie den Standpunkt, daß ein Volk nicht frei sei und nicht
selbständig über sein Schicksal entscheiden könne? Darf es die
Verfassung nicht ändern? Darf es nicht in größerer oder beschränkter
Freiheit leben, so wie es das für sich bestimmt und festlegt?" Hier
stehen wir am Ende einer Tragödie. In Wirklichkeit hat der Mensch im demokratischen
Staat überhaupt kein Recht. Er hat aber auf dieses Recht nicht etwa zugunsten
der Volksgemeinschaft oder zugunsten der Nation verzichtet, sondern er hat dieses
Recht preisgegeben zugunsten einer Kaste von Politikern, Bankschiebern und Wahlagenten.
Und schließlich die letzte "Wohltat", die die Demokratie den
Menschen beschert: die freimaurerische Demokratie verwandelt sich durch eine
Heuchelei sondergleichen in den Friedensapostel dieser Erde. Aber gleichzeitig
verkündet sie Krieg zwischen Menschen und Gott! "Friede auf Erden"
und Kampf gegen Gott!
Die Niedertracht liegt darin, daß sie die Worte des Erlösers selbst
in den Mund nimmt: "Friede auf Erden", und daß sie sich in einen
Apostel des Friedens verwandelt. Aber der Heiland selbst wird verdammt und als
Feind der Menschheit gebrandmarkt. Schließlich liegt die Niedertracht
der Demokratie darin, daß sie vorgibt, das Leben der Menschen zu verteidigen,
und daß sie in Wirklichkeit zum Verlust und Zusammenbruch des Lebens führt.
Sie gibt vor, den Menschen vor dem Tode im Krieg zu bewahren, und verfolgt damit
den teuflischen Plan, den Menschen in ewigem Tode zu halten.
(*)Der erste große Fehler:) Die Demokratie also, die auf dem Prinzip der Wahl beruht und die Meinung vertritt, die Elite und Führerschicht eines Volkes könne durch allgemeine Abstimmung festgestellt werden, begeht damit einen fundamentalen Fehler. Von hier aus sind Unglück, Wirren und Elend der demokratischen Staaten zu verstehen. Wir stehen hier an einem entscheidenden Punkt. Dieser erste grundsätzliche Fehler in der gesamten demokratischen Auffassung des Völkerlebens erklärt auch alle anderen Fehler. Wenn die breiten Volksmassen aufgerufen werden, ihre Führerschicht zu wählen, dann sind sie nicht nur nicht imstande, diese Elite festzustellen, sondern sie wählen mit ganz wenigen Ausnahmen alles das zu ihren Führern, was unfähig und marktschreierisch ist, was in diesem Volk schlecht und verdorben ist, sich aber mit hohlen Phrasen um so mehr anpreisen kann.
(Aus: Eiserne Garde, geschrieben im Jahre 1936, erste deutsche Ausgabe 1939, hier zitiert nach der 6. Auflage: München 1987)